Zurück in Deutschland.

Heute vor genau 4 Wochen landeten wir also wieder in Deutschland, vollkommen unerwartet, vollkommen unvorbereitet, vollkommen planlos – mit einer unvollkommenen Reise im Gepäck. Ein guter Monat ist seitdem verstrichen. Ein Monat, der sich  irgendwie anfühlt, wie das Waten durch eine scheinbar endlose und sumpfig Moorlandschaft bei schlechtem Wetter, Eiseskälte und einer Laune um den Gefrierpunkt. Es ist zäh und schwer, man kommt kaum voran, sinkt ein, rutscht ab und fällt hin, die Laune und die Lust schwindet mit jedem weiteren Meter ins Bodenlose. Man ist froh, wenn die Wanderung endlich vorbei ist und man mit einer Tasse Tee auf dem Sofa sitzt und über den chaotischen Ausflug voller Erleichterung lachen kann – endlich lachen kann. Auf der anderen Seite fühlen wir uns wohl, in unserer Heimat, Familie und Freunde freuen sich von uns zu hören, wir schalten ab und versuchen uns mit der Wiedereingliederung ins System. Ein ambivalentes Gefühl, eine Zerrissenheit durchstreift uns.

Die Pasta bleibt unser Energielieferant.

Der Corona-Virus beherrscht die Welt und damit natürlich auch uns. Anfangs fühlen wir uns, wie wenn ein frei lebendes Bauernhofhuhn plötzlich seine Freiheit aufgeben muss und ab sofort ein Leben in Käfighaltung und damit in einer Legebatterie fristen muss – wir fahren von 100 auf 0. Das abrupte Ende unserer Reise macht uns gerade die ersten 2 Wochen nach unserer Rückkehr schwer zu schaffen. Wir versuchen zu verstehen und die nächsten Schritte zu planen. Uns ist vollkommen klar, dass wir Menschen momentan alle im selben Boot sitzen und unser Leid, im Vergleich zu den Dramen, welche andere Menschen gerade erleben, der reinste Kindergeburtstag ist. Dennoch hadern wir mit unserem Schicksal und versuchen es irgendwie einzuordnen und zu reflektieren. Die Tage streichen ins Land, mit jedem Tag, welcher teilweise schemenhaft an uns vorbeizieht, wird die Sicht allerdings auch wieder klarer, der geistige Nebel verschwindet. Es ist wie mit dem Fahrrad an einem langen, zähen Berg – irgendwann kommt die Abfahrt und man nimmt wieder Schwung auf und lädt damit seinen Energiespeicher erneut.

Da auch wir, auf Grund der bestehenden Auflagen, uns mit niemanden persönlich treffen dürfen, wird telefoniert bis die Hörer glühen, über 50 Postkarten werden um die halbe Welt geschickt – viele neue und alte Freunde rund um den Planeten bekommen somit ein Lebenszeichen von uns. 
Mit einer Sondergenehmigung sind wir zu Gast beim SWR-Fernsehen in der Sendung SWR-Landesschau und berichten live von unseren erlebten Abenteuern.

Die ein oder andere Zeitung, wie z.B. die Stuttgarter Zeitung, nimmt mit Begeisterung unseren vollkommen unvollkommenen Versuch, mit dem Fahrrad nach Japan zu gelangen, auf. Die Gespräche mit den Medien lenken ab und sind gar wie eine kleine Therapiemassnahme für uns, so entsteht ein toller Podcast mit Eurosport, zig Radiobeiträge und auch Online- Artikel werden über uns geschrieben. Diese sind, wie wir finden, sehr lesenswert und finden sich in einer Übersicht hier oder z.B. im Focus Online oder auf Hurra Draussen.

Kleiner Ausflug an den Rhein.

Auch durch die medialen Aufarbeitung unsere Reise und vielen langen Spaziergängen mit unseren Freundinnen, welche viel Raum und Zeit zum Grübeln ließen, konnten wir von Tag zu Tag unser Schicksal ganz anders aufnehmen, einordnen und letztendlich annehmen. Andere Radreisende, welche wir auf unserer Tour kennenlernen durften, sowie die Weltreiseradler, welchen wir auf diversen Social-Media-Kanälen folgten, ereilte dasselbe Schicksal. Alle mussten ihre Reise, ihre Träume, ihre Ideen von Freiheit und autarkem Leben mit und in der Natur, aufgeben und wurden, mehr oder weniger, in ihre Heimatländer zurückbeordert. Die Natur hat in Form eines Virus ein für uns Menschen überaus heftiges und vermutlich noch nie da gewesenes Machtwort gesprochen und verdonnert seine außer Rand und Band geratene Menschheit in den Hausarrest. In diesem Fall ist geteiltes Leid tatsächlich halbes Leid, weltweit stehen die Räder im wahrsten Sinne des Wortes still. 

Auch wir machen Homeoffice…

Manchmal wachen wir morgens orientierungslos auf und wollen mit dem Zeltabbau beginnen, der Kopf ist noch auf der Reise und die Beine wollen strampeln – wir vermissen das vollkommen  planlose in den Tag hinein starten, nie zu wissen was kommt – aber dennoch kommt man zur Dämmerung irgendwo an und findet ein neues Zuhause für die Nacht. Eine der ersten Anschaffungen sind daher zwei nostalgische Hometrainer aus den 60er und 70er Jahren, mit welchen wir auf der Terrasse jetzt unsere Runden drehen. Homeoffice ist in aller Munde – wir erfinden das Homeoffice für nostalgische Radreisende 2.0. Nur die Zeltplatzsuche fällt dabei weg. – was nicht immer ein Nachteil ist. Klar ist , auch die Komfortzone hat seine Vorteile, Wasser kommt aus dem Wasserhahn, die Matratze ist weich, die kulinarischen Leckereien aus der Heimat gibt es im nächsten Supermarkt, Strom kommt aus der Steckdose und man kann morgens aus zig Kleidungsstücken sein Tagesdress aussuchen – der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Es geht aber definitiv auch anderes- wir Menschen haben verlernt uns zu reduzieren, zu reparieren, zu minimalisieren und zu improvisieren. Alles, was wir die letzten 11 Monate brauchten, paßte in 4 Satteltaschen und wurde aus eigener Muskelkraft um den halben Planeten transportiert, das ist für uns unbezahlbarer Luxus. 

Sicherlich gibt es etliche Menschen, welche mit einem ökologischem Fußabdruck und reflektiert über unseren Planeten spazieren. Leider ist dies jedoch nicht die große Masse. Wir müssen mehr für unsere Erde tun – wir alle. Die Welt muss sich langsamer drehen – bleibt zu hoffen, dass die Menschheit die richtigen Lehren aus der Corona- Krise zieht. Ob wir Menschen alle zusammen dafür intelligent genug sind, ist vermutlich die größte Frage der gesamten und vor allem der  näheren Menschheitsgeschichte. Wir werden sehen.

C.O.R.O.N.A.

Hätten wir am Anfang unserer Reise eine Wahrscheinlichkeitsrechnung aufgestellt mit der konkreten Fragestellung: „Aus welchem Grund wird unsere Weltreise vorzeitig beendet?“ Die Wahrscheinlichkeit „Abbruch durch Pandemie“ wäre vermutlich noch nicht einmal bei 1: 1.000.000 gelegen und damit absolut lächerlich erschienen. Gerade weil so ein weltweites Pandemie-Chaos  zu grotesk und unwahrscheinlich erschien, sich aber scheinbar höhere Mächte entschieden haben und wir wirklich alles, was in unser Macht stand, versucht haben, um unsere Reise fortzusetzen, können wir inzwischen das Ende annehmen, akzeptieren und auch wieder Lachen. Nach anfänglichen Panikkäufen von Klopapier, Hefe, Mehl und Pasta durch unserer Mitmenschen, hat es Gott sei Dank zumindest die Pasta wieder flächendeckend in die Regale geschafft – eine gutes Zeichen, es gibt Licht am Horizont.

Abstand nehmen und halten!

Der plötzliche Abbruch, Scheitern oder wie auch immer man unsere vollkommen unvollkommene Reise nennen möchte, ist ein Teil unsere Geschichte geworden. Für uns ist dadurch die Reise aber eben nicht vollkommen unvollkommen sondern eher unvollkommen vollkommen! Ein Kunstwerk, welches wir 11 Monate erschaffen haben und dessen finalen Touch wir einer höheren Ebene abgeben mussten. Die Olympiade wurde auf den Sommer 2021 verschoben, hoffentlich hat sich die Situation bis dahin weltweit beruhigt und wir Menschen können uns wieder frei und unbeschwert sogar bis Japan bewegen. Ob es für uns 2021 nach Tokio geht, werden wir oft von Euch gefragt. Klar könnten wir uns im Frühjahr 2021 wieder auf die Räder schwingen mit dem Ziel Japan, aber wäre diese Reise noch Dieselbe? Könnten wir tatsächlich an die Abenteuer der letzten Monate anknüpfen? Schwer vorstellbar. Im Moment betrachten wir unsere Reise als abgeschlossen und nochmal- inzwischen als unvollkommen vollkommen.

Wir sind zu Gast beim SWR in der Sendung “SWR-Landesschau”

Unser Motto „Ohne Plan nach Japan“, beinhaltete eben das Planlose, das Unerwartete, das Abenteuerliche. Eine weitere Erkenntnis der letzten Wochen hat sich für uns mit der tiefgründigen und analytischen Befassung mit dem Scheitern an sich herauskristallisiert. Fazit des unabhängigen Pasta-Gorillas Instituts für Lebensweisheiten: Scheitern kann nur derjenige, welcher zuvor den Mut hatte aufzubrechen, eine Sache anzugehen, den ersten Schritt zu machen oder, wie in unserem Fall, sich auf das Fahrrad zu schwingen, um in die Welt hinaus zu radeln. Ein entscheidender Punkt bevor man scheitert ist also: Mut! Einfacher gesagt: Ohne Mut – Kein Scheitern. Kein Scheitern – ohne Mut. 

Statt „Olympia in Japan“, heißt es für uns diesen Sommer „Maskenball in Deutschland“. Die Schutzmaske ist allgegenwärtig und wohl das Modeaccessoire des Jahres 2020, wer hätte das gedacht?

Das Abenteuer beginnt dort, wo die Planung aufhört – und der Corona- Virus hatte wohl wirklich keiner auf dem Plan. So gesehen: Herzlich willkommen im Abenteuer.

Danke Welt für ein aufregendes, unvergessliches, buntes und facettenreiches Jahr – das Lachen  ist jedenfalls längst zurück.

Unvollkommen vollkommen!

Eure Pasta – Gorillas

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