Wir melden uns nun offiziell zurück, der kubanische Weihnachtsurlaub war ein Zeitreise in die 50-60ziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und eine Entspannungsoase für Körper und Geist.
Cubana Air bringt uns also, gut 2 Wochen vor Weihnachten, in einer alten russischen Tupolev Maschine und nach circa 50 Flugminuten sicher von Mexiko in die kubanische Hauptstadt Havanna. Sandro zieht auf eigene Faust los und erkundet Kuba für sich, erst beim Rückflug ist das Trio wieder zusammen. Nico und Julian berichten also exklusiv.
Die ersten Erkundungsspaziergänge lassen uns staunen, nicht nur die zahlreichen alten Strassenkreuzer faszinieren, es ist der gesamte kubanisch Lifestyle welcher in
der ganzen Stadt bzw. auf der gesamten Insel vibriert. Kuba ist bunt, Frauen sitzen in ihren Schaukelstühlen vor ihren Häusern, Männer spielen stundenlang Domino und rauchen dabei Zigarren und kippen billigen weißen Rum, Kutscher transportieren ihre Waren oder Gäste von A nach B, Kinder lassen Drachensteigen und rennen um die Wette, Fahrradtaxis streiten um Kunden, Oldtimer blassen dicke Abgaswolken aus, Bauern treiben ihre Ochsengespanne über die Äcker und verkaufen ihre Ernte am Strassenrand. Kuba ist jedenfalls weit mehr wie nur Palmen, Zuckerrohr, Revolution und packende Rhythmen, Kuba gleicht einem tropischem Garten Eden und will entdeckt werden. Apropos entdecken: Christoph Kolumbus entdeckte Kuba am 27.10.1492 erstmals, irrtümlich hielt es es für Japan soll aber gleich dem einzigartigem Charme der Insel erlegen sein.
Das kommunistische Land ist voller Geheimnisse und Widersprüche, die Lebensfreude und Spontanität der Inselbewohner sucht seinesgleichen. Privates Unternehmertun war bis vor ein paar Jahren untersagt, diese Beschränkungen werden allerdings weiter gelockert. Kubaner dürfen jetzt z.B. Zimmer an Ausländer vermieten, diese „Casa Particulars“ sind recht günstig und sind im ganzem Land ausreichend verbreitet. Die kubanische Küche ist hingegen eher wenig kreativ, Reis mit Bohnen bekommt man überall, ausgefallene Gerichte kommen eher aus anderen Breitengraden dieser Erde. Geschäfte sind oft sehr spärlich ausgestattet und es bilden sich oft längere Warteschlangen um die gewünschten Produkte zu bekommen sollte man jedenfalls Zeit mitbringen und Spontanität, da es von manchen Dingen
einfach eher wenig gibt. Kubaner stellen sich gerne an, auch vor Ticketschaltern und Banken bilden sich oft grösser Schlangen, die Geldautomaten sind dagegen oft frei zugänglich, nur mit ausreichend Geld sind diese eher selten gefüllt bzw. die Bankkarte wird direkt wieder „ausgespuckt“. Allerdings ist auf Kuba noch der Kunde König, egal ob im Schuhgeschäft oder im Supermarkt meistens sind alle Waren hinter einem Tresen und man wird direkt bedient, Tante-Emma-Laden lässt grüßen, Selbstbedienung gab es im Sozialismus anscheinend eher selten. Da Kuba nach kein flächendeckendes Internet hat, kommunizieren die Menschen noch direkt miteinander und sitzen nicht stundenlang vor ihren Smartphones, in der Münchner U-Bahn kaum vorstellbar. Auch die immer gleichen Werbebanner sucht man hier vergeblich, es gibt einfach keinen „McDonalds“, „Starbucks“ oder „Aldi“ etc. welcher auf sich aufmerksam machen muss, Leuchtreklame gibt es schlicht nicht, sehr angenehm.
Die kleineren Städte wie Trinidad, Santi Spiritus, Camagüey, Las Tunas, Holguin, Santiago de Cuba und Baracoa kommen uns vor wie riesige Freilichtmuseen und es
fällt schwer, die ganzen Eindrücke und Begegnungen in Worte zufassen. Kuba muss erlebt werden und zwar möglichst bald, die Regierung will sich weiter öffnen und viele Kubaner befürchten baldige, nicht nur positive, Veränderungen. Gerade der nahe Amerikaner, Miami ist nur 145km entfernt, wird eher skeptisch gesehen.
Kubaner sind überaus patriotisch und sehr stolz auf die Unabhängigkeit welche ihnen die Revolution beschert hat. Che Guevara ist dabei einer der wichtigsten Revolutionshelden und wird als Idol gefeiert. Fidel Castro hatte nach der Revolution, ab 1956, alle Freiheiten seine sozialistischen Ideen voranzutreiben, sein Bruder Raul ist inzwischen Staatsoberhaupt.
Kubaner sind sehr geschäftstüchtig und es wird versucht, gerade in den Städten, mit allem Geld zu machen. Mit 32.88€ p.P. haben wir unsere Durchschnittsausgaben locker verdoppelt, aber das Kuba nicht billiges Reiseland gilt war uns bewusst. Gerde die Überlandbusse und die täglichen Übernachtungen trieben die Kosten etwas in die, dennoch überschaubare, Höhe. Manchmal hatte man das Gefühl eine „Melkkuh“ zu sein und es war für uns daher oft besser aufs Land zu flüchten. Bei einer Zugfahrt lernten wir z.B. Ariel kennen, einen einfachen Bauern, welcher mit seiner Familie und seinen paar Tieren mitten auf dem Land lebte. Spontan wurden für für 2 Tage eingeladen und ebenso spontan sagten wir zu. Die Kinderbuchreihe „Petterson und
Findus“ entspricht Ariels Leben, wir badeten im Fluss, jagten Hühner, schossen mit der Steinschleuder auf Dosen und hatten jede Menge Spass auf einem Jahrmarkt. Immer war was los, ein Theaterstück kann nicht schöner und vielfältiger geschrieben und gleichzeitig umgesetzt werden. Auch Julio aus Baracoa wird uns lange in Erinnerung bleiben, sein ganzes Haus, sein ganzes Inventar, einfach alles war in gelb und blau gestrichen, Kuba hat einen ganz besonderen Schlag Mensch hervorgebracht. Ein allgemeines „Kuba-Gesicht“ gibt es nicht, man könnte meinen die ganze Welt hätte sich hier farbenfroh und mit all ihrer wunderbaren Vielfalt vereint.
Im Vordergrund stand natürlich auch die Erholung an den traumhaften Stränden von Trinidad, Santa Lucia und Maguana faulenzten wir einige Tage, genossen das kristallklare Wasser und lernten interessante Backpacker kennen. Wie oft wir unsere Trio-for-Rio Geschichte erzählt haben, wissen wir nicht mehr, allerdings dürften wir den ein oder anderen Reisenden inspiriert haben auch mal aufs Fahrrad zu springen. Mit Florian und Anke aus Stuttgart hatten wir einen tollen Abend in Camagüey, wo wir
im „Casa Austria“ zum Wiener Walzer Gulasch und Schnitzel serviert bekamen, Kuba bietet viele Überraschungen. Heilig Abend und die Weihnachtsfeiertage verbrachten wir bei karibischen Temperaturen unter Palmen mit Backpackern am Strand von Maguana, der Vollmond gab dem ganzen den letzten unvergesslichen Touch. Untergebracht waren wir in einer kleinen Hütte direkt am Strand, der Hüttenbesitzer, Carlos, zauberte ein Seafood-Weihnachtsfestessen vom allerfeinsten, schöner und uriger hätte Weihnachten nicht sein und unser Urlaub im Tropenparadies nicht enden können. Nach über 20 Stunden Busfahrt fanden wir uns wieder in Havanna ein, wo uns der russische Flieger erwartete und uns zurück nach Mexiko flog. Danke Kuba! Zeitreise vorbei, willkommen im Jetzt!
Die Räder haben brav und sicher auf uns gewartet und sind bereit für die zweite Halbzeit unserer Reise. Wir sind entspannt, ausgeruht und voller Vorfreude auf die nächsten Etappen und auch die Bikes sind nach kleineren Wartungsarbeiten, wie Bremsbeläge wechseln, Speichen nachziehen, Kette spannen, ölen und putzen,„ready to hit the road again!“
Den ersten Tag nach unserer Pause verbrachten wir auf dem Highway 301 und fuhren bis nach Playa del Carmen, wo Sandro und Nico Sylvester verbringen werden. Julian fährt 60km weiter ins benachbarte Tulum, dort wird mit Freunden aus München ins neue Jahr gefeiert, auf diesem Weg bekommen wir auch dringend benötigte Ersatzteile geliefert, damit unsere Expedition weiterhin vorangeht.
8 Monate sind wir jetzt genau unterwegs, Wahnsinn was wir in dieser Zeit alles erleben durften. Wir danken Euch für die tolle Unterstützung und wünschen ein gutes, gesundes, abenteuerliches, spannendes und olympisches neues Jahr 2016.
Auf geht’s, pack mer’s! Anpfiff zur 2ten Halbzeit! Rio wir kommen!
Sportliche Grüße,
Julian, Nico und Sandro.
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